Metropolit Augoustinos von Deutschland
Grußwort zur Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Stefanos Athanasiou
München
Es ist, verehrter Vater und Professor Stefanos Athanasiou, eigentlich sehr unbiblisch, was wir heute tun, wenn wir an die Worte unseres Herrn erinnern, der in Matthäus 23,9-10 sagt: „πατέρα μὴ καλέσητε ὑμῶν ἐπὶ τῆς γῆς· εἷς γάρ ἐστιν ὁ πατὴρ ὑμῶν, ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς. μηδὲ κληθῆτε καθηγηταί· εἷς γάρ ὑμῶν ἐστιν ὁ καθηγητὴς, ὁ Χριστός.“(auf deutsch: „Auch sollt ihr niemanden auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel. Auch sollt ihr euch nicht Lehrer nennen lassen; denn nur einer ist euer Lehrer, Christus.“)
Sie haben es gehört, wo hier die deutsche Übersetzung den Begriff „Lehrer“ verwendet, steht im griechischen Original καθηγητὴς, also genau jener Terminus, der bis heute im Griechischen den Professor, auch den Universitätsprofessor, bezeichnet.
Seit 2018 sind Sie durch Ihre Priesterweihe zu dem geworden, was in der gesamten Orthodoxen Kirche gemeinhin als VATER (πατὴρ) bezeichnet wird, heute treten Sie mit der Antrittsvorlesung ihr Amt als PROFESSOR (καθηγητὴς) an: wie gesagt, das scheint auf den ersten Blick schwer vereinbar mit den soeben zitierten Worten unseres Herrn. Gut, dass es direkt danach heißt: ὁ δὲ μείζων ὑμῶν ἔσται ὑμῶν διάκονος (Der Größte von euch soll euer Diener sein).
Denn in der Tat ist, wie ich meine, auch das Professorenamt ein diakonisches Amt, ein Dienst an Kirche und Gesellschaft. Was macht denn einen Professor aus? Der Begriff καθηγητὴς, um noch einmal das griechische Original zu bemühen, trägt in sich das Verb ἡγοῦμαι (leiten führen anführen). Das unterscheidet ihn vom Privatgelehrten, der im Elfenbeinturm der Wissenschaft vor sich hin forscht. Erst, wenn er diese Führungseigenschaft, neudeutsch gesagt: diese leadership nachweist, ist er ein Professor. Da geht es ihm genauso wie dem πατὴρ, dem Vater. Auch er ist, per definitionem, erst dann Vater, wenn er Kinder gezeugt hat. Ohne Kinder keine Vaterschaft. Und in der orthodoxen Kirche ist es bekanntlich so, dass es für unsere Geistlichen wegen der Zulässigkeit der Priesterehe häufig beide Formen des Vaterseins gibt, die geistliche ebenso wie die leibliche Vaterschaft. Sie selbst haben das Privileg beider Vaterschaften und beide sind Charismen des Dienstes, der Diakonia. Und heute kommt eine dritte Form dazu: die akademische Vaterschaft für Studierende an der Ausbildungseinrichtung für orthodoxe Theologie und darüber hinaus. Auch dies ist eine DIAKONIA, die Sie in der akademischen Familie der Ludwig Maximilians Universität München, aber auch in der orthodoxen Kirche Deutschlands, ja in der gesamten christlichen Kirche Deutschlands ab jetzt leisten werden.
Dazu begleiten Sie die guten Wünsche ihrer Geschwister im geistlichen und akademischen Dienst, aber auch ihrer Kirche in Deutschland, als Ihrer geistlichen Mutter. (Denn zur Vaterschaft gehört immer-auch das ist eine Binsenweisheit! – eine Mutter…). Als langjähriger Metropolit von Deutschland bin ich heute stolz und froh, dass eines unserer Gemeindemitglieder mit Migrationshintergrund heute diese höchste akademische Stufe in München erreicht hat. Gibt es einen besseren Beweis für die gelungene Integration unserer Gläubigen in die hiesige Gesellschaft?
Ich gratuliere der LMU und ihrer Ausbildungseinrichtung für orthodoxe Theologie zu ihrem neuen Professor, Lehrende und Studierende können sich über einen neuen Vater und Professor freuen! Ihnen, lieber Professor Athanasiou, wünsche ich von Herzen die Güte und Zuneigung des himmlischen Vaters, die Vollmacht des Einen, der unser Lehrer ist, Jesus Christus, und die Gaben des „Geistes der Wahrheit, der in die ganze Wahrheit führt“ (vgl. Joh 1,13).
Axios!
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