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Neujahrsbotschaft 2023

des Metropoliten Augoustinos von Deutschland, Exarchen von Zentraleuropa


* * *



Liebe orthodoxe Christen in Deutschland,


jedes Jahr feiern wir am Neujahrstag nach der Göttlichen Liturgie eine "Doxologie" genannten Dankgottesdienst aus Anlass unseres Eintritts in das Neue Jahr. Das Wort "Doxologie" bezeichnet im Griechischen den Lobpreis, und in der Tat lobpreisen wir bei dieser Gelegenheit Gott, der uns gewürdigt hat, die Schwelle eines weiteren Jahres zu überschreiten. Wir bitten Ihn, uns Seiner göttlichen Gnade zu würdigen. Außerdem bitten wir darum, Frieden und Eintracht untereinander zu haben und mit Tugenden ausgestattet Werke der Liebe zu tun.


Am heutigen Neujahrstag haben die orthodoxen Christen noch einen weiteren Grund, Gott zu lobpreisen. Denn in diesem Jahr jährt sich zum 60. Mal die Gründung unserer Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland. Dies nehme ich zum Anlass an meinen immer noch aktuellen Brief zum 50. Jahrestag der Gründung unserer Metropolie zu erinnern, den ich Euch vor zehn Jahren schrieb, als Seine Allheiligkeit der Ökumenische Patriarch Bartholomaios uns hier in Deutschland besuchte. Darin schrieb ich unter anderem:


Am 5. Februar 1963, verabschiedete die Synode des Ökumenischen Patriarchates den Beschluss zur Gründung der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland. Seit jenem Tag existiert unsere Metropolie, und mit dem Segen unserer Mutterkirche wurde die orthodoxe Präsenz in Deutschland in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf neuen soliden Grundlagen neu organisiert.


Den Anlass für dieses erstaunliche Ereignis bot die Niederlassung von Tausenden griechischer Arbeiter in diesem Land. Ebenso wie Arbeitnehmer aus anderen Ländern waren sie der Einladung der damaligen westdeutschen Regierung gefolgt, dem Arbeitskräftemangel im Aufbruch der Nachkriegszeit abzuhelfen. Die sogenannten Gastarbeiter haben ihr Vaterland auf der Suche nach einer besseren Zukunft für sich selbst und ihre Familien verlassen. Niemand hat damals die Dynamik dieser „Verpflanzung“ vorhersehen können. Was als bittere Not begann, wurde schöpferisch gestaltete Realität. Damals sind wir mit einem einzigen Koffer, in dem nur das Allernotwendigste Platz gefunden hatte, nach Deutschland gekommen, haben Notquartiere bezogen und mussten uns anstrengen, wenn wir irgendwo einem Gottesdienst beiwohnen wollten. Eine Handvoll Priester ohne Gotteshäuser, ohne Ausstattung, Kirchengemeinden ohne festen Standort – das war der Anfang.


Heute können wir sagen, dass wir uns eingerichtet haben, unter angemessenen Bedingungen leben und den nachfolgenden Generationen die Möglichkeit bieten, unser Werk fortzuführen. Ein besonderes Merkmal unserer Verwurzelung und unseres Gedeihens hier ist der Umstand, dass wir in den wichtigsten Städten Deutschlands eigene Gotteshäuser und Gemeindezentren besitzen. Fast überall dort, wo orthodoxe Christen wohnen, können sie am liturgischen Leben der Kirche, insbesondere an der Feier der Göttlichen Liturgie und dem Vollzug der übrigen Sakramente, teilnehmen. Wir haben, wie ich zu sagen pflege, Orte geschaffen, die eine kleine Heimat für uns sind. Und wenn wir an die dabei aufgetretenen Schwierigkeiten der Vergangenheit und der Gegenwart denken, dann ist es keine Übertreibung zu sagen, dass all das ein Wunder ist. Es ist ein Wunder, das wir der Liebe Gottes, die uns all das geschenkt hat, aber auch der Liebe unzähliger namentlich bekannter und unbekannter Menschen verdanken, die uneigennützig und opfermutig dazu beigetragen haben.


Mit diesem Schreiben möchte ich dem Herrn der Herrlichkeit dafür danken, dass er es möglich gemacht hat, dass aus Bitterem Süßes wurde und aus Migranten gleichberechtigte Bürger, und dass wir weiterhin Zeugnis von unserem orthodoxen Glauben im Herzen Europas ablegen können. Ich möchte Euch allen von Herzen aufrichtig danken, die Ihr von der ersten Stunde an bis heute in diesem Weinberg des Herrn in Deutschland mitgewirkt und moralische und materielle Unterstützung gewährt habt. Einen besonderen Dank schulde ich auch unseren Schwesterkirchen in diesem Land dafür, dass sie uns tatkräftig zur Seite gestanden haben: mit Gebäuden, mit Geld, mit Rat und Tat. Ich bete für die gottgefälligen Seelen derer, die nicht mehr unter uns weilen und ihre Ruhe in heimischer Erde oder auf den Friedhöfen unserer neuen Heimat gefunden haben. Ich bitte Gott und bete zu ihm, dass er die nunmehr gelegten Grundlagen unserer Kirche in Deutschland segne, damit sie bewahrt bleibe, wachse und stets ein Zufluchtsort des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe für jedes ihrer Glieder und für jeden Menschen guten Willens bleibe. In Zeiten der Entheiligung und der Gottverlassenheit möge sie die Schönheit der Heiligkeit, die verwandelnde Kraft der christlichen Liebe und Solidarität, die Wertschätzung der menschlichen Person und den Sinn des Lebens in Erinnerung rufen und schenken. Um dies zu erreichen, bitte ich euch erneut inständig darum, mit einem freiwilligen Dauerauftrag Eure Kirchengemeinde durch Spenden zu unterstützen.


Das Geheimnis unserer orthodoxen kirchlichen Überlieferung war stets die Mitmenschlichkeit, die Offenheit, das Mitgefühl und die Hilfsbereitschaft besonders gegenüber dem ohnmächtigen und gefallenen Nächsten. Es ist mein Wunsch, dass wir den sechzigsten Jahrestag der Gründung unserer Metropolie in diesem Geist feiern. Dies wird in unseren Gemeinden in familiärer Atmosphäre, kreativ, aber ohne übertriebenen Aufwand geschehen, ohne jene zu vergessen, die leiden – sei es hier oder fern von uns.

Euch allen wünsche ich von Herzen, dass Ihr in der Kirche, unser aller Mutter, geeint und in jeder Phase eures Lebens froh seid, und euch stets aller Gaben Gottes erfreut!


Bonn, am Neujahrstag 2023


Euer Metropolit


+ Augoustinos von Deutschland



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